Sichtungen
Stetig werden weltweit neue Sorten gezüchtet, das Sortenangebot einzelner Sortimente wird immer unübersichtlicher und sowohl Produzenten als auch Pflanzenverwender fragen sich: was davon ist wirklich gartenwürdig? Welche Qualität hat eine neue Sorte, gerade im Vergleich mit anderen? Ist diese Sorte gesund und wüchsig? Wie steht es um die Winterhärte? Diese und ähnliche Fragen beantworten Arbeitskreise, die sich mit Sichtung, also normierter Beurteilung von Pflanzen beschäftigen. Es gibt unterschiedliche Arten von Sichtung, die über das Bundesgebiet und den deutschsprachigen Raum verteilt in Sichtungsgärten, Hochschulen und Botanischen Gärten verteilt liegen, um allgemeingültige, von Boden und Mikroklima unabhängige Aussagen zu treffen. Auch der Botanische Garten der Technischen Hochschule OWL in Höxter ist anerkannter Sichtungsort verschiedener Arbeitskreise.
Sichtungsarten:
1. Neuheitensichtung
Die Gesellschaft der Staudenfreunde (gds-staudenfreunde.de) versammelt in unterschiedlichen Fachgruppen Züchter und Staudenkenner, die sich bestimmten Pflanzen widmen: darunter zum Beispiel Funkien (Hosta), Iris (Iris), Pfingstrosen (Paeonia), Christrosen (Helleborus) und Taglilien (Hemerocallis) - alles sehr sortenreiche Gattungen, in die sehr viel Züchtungsarbeit gesteckt wird. Höxter unterstützt seit Jahren die europäische Neuheitensichtung bei den Taglilien. Jährlich werden um die 25-30 neue Taglilienzüchtungen aufgepflanzt und danach drei Jahre lang beschrieben und bonitiert. Merkmale wie Neuheitswert, Wuchshöhe, Standfestigkeit, Winterhärte, Stellung und Anzahl der Blüten und Selbstreinigung der abgeblühten Teile werden nach vorgegebenen Bewertungsschlüsseln eingeschätzt. Die meisten Züchtungsergebnisse haben noch keine Registrierung als Sorte, die jedoch als Ergebnis einer erfolgreichen Bonitur erworben werden kann. Viele Prüfsorten tragen Sämlingsnummern oder Arnbeitstitel. Eine standortinterne codierung gewährleistet, dass eine Zuordnung zum Züchter nicht möglich ist. Die Ergebnisse werden zentral ausgewertet.
2. Sortimentssichtung
Ist eine Sorte auf dem Markt etabliert, stellt sich vor allem bei sehr umfangreichen Sortimenten die Frage: welche Sorten sind wirklich empfehlenswert? Wodurch unterscheiden sie sich? Sind sie überhaupt noch 'echt' auf dem Markt? Sowohl Produzenten als auch Verwender brauchen Antworten auf diese Fragen, um die 'Sortenflut' mancher unübersichtlich gewordenen Sortimente zu bändigen. Im Bereich Gehölze liegt diese Aufgabe beim Arbeitskreis Gehölzsichtung des BDB (Bund Deutscher Baumschulen). Nach mehrjähriger, objektiver Prüfung erhalten Gehölze mit entsprechenden Sichtungsergebnissen den Titel 'Premiumgehölz' (http://www.gehoelzsichtung.de). Stauden werden vom Arbeitskreis Sortimentssichtung des BDS (Bund Deutscher Staudengärtner) gesichtet. Interessante oder unübersichtlich gewordene Sortimente werden aufgenommen, eine Vorauswahl getroffen und an unterschiedlichen Sichtungsorten aufgepflanzt, um drei Jahre lang bonitiert zu werden. Die Boniturbögen werden sortimentsspezifisch entwickelt, Faktoren wie Wuchshöhe, Blütenfülle, Blütezeit, verschiedene Schmuckwerte, Herbstfärbung, Winterhärte, Standfestigkeit, Wüchsigkeit und vor allem Gesundheit können ermittelt werden. Die gesammelten Ergebnisse werden ausgewertet und vom Arbeitskreis veröffentlicht. (https://www.staudensichtung.de).
3. Verwendungssichtung
Die Verwendung von Stauden im Kontext artenreicher Pflanzungen erfordert große Kenntnis und Erfahrungen, über die weder alle Verwender noch alle Pflegenden immer in ausreichendem Maße verfügen. Der Arbeitskreis Pflanzenverwendung des Bunds Deutscher Staudengärtner widmet sich der Aufgabe, den Einsatz von Stauden im öffentlichen und privaten Grün zu fördern und gestalterisch und pflanzensoziologisch funktionierende Pflanzungen zu konzipieren. Aufgabenstellungen sind zum Beispiel bestimmte standörtliche Gegebenheiten (trockene Freiflächen, Schatten, trockener Schatten) oder Fragestellungen wie Pflanzungen auf Versickerungseinrichtungen, als Staudenhecken oder wildbienenfreundliche Pflanzenmischungen. Sie werden durch mehrjährige, objektivierte Sichtungen an im deutschsprachigen Raum verteilten Sichtungsstandorten beantwortet und nach Anpassungen als anerkannte Staudenmischung publiziert. Mittlerweile herrscht eine Flut von vorkonfektionierten Mischpflanzungen, die vom Arbeitskreis publizierten zeichnen sich jedoch durch jahrelange und an unterschiedlichen Orten ausgeführte Beobachtung und Bewertung aus.
https://www.staudensichtung.de/ak-staudensichtung-sichtungsstandorte.html