Tilia platyphyllos

J. Froese
Schnellüberblick

Deutscher Name: Sommer-Linde

Synonyme: Großblättrige Linde, Tilia grandifolia EHRH., Tilia grandifolia HOFFM., Tilia cordifolia BESSER, Tilia platyphyllos subsp. Pseudorubra C. K. SCHNEID.

Wissenswertes

Die Sommerlinde ist ein langlebiger Großbaum, der in unseren mitteleuropäischen Wäldern beheimatet ist. Das Gehölz 1. Ordnung wird 30 bis 40 Meter hoch und 15 bis 25 Meter breit. In den ersten 10 bis 20 Jahren ist die Sommer-Linde mit einem jährlichen Zuwachs von 40 bis 60 Zentimetern besonders schnellwüchsig. Später beschränkt sich der Jahreszuwachs auf 15 bis 25 Zentimeter pro Jahr. Der mächtige Habitus zeichnet sich durch eine tief ansetzende Krone sowie einen kräftigen, kurzen Stamm aus. Dieser kann im Freistand einen Umfang von bis zu 10 Metern (in seltenen Fällen sogar bis zu 18 Metern) erreichen. Die Krone der Sommer-Linde kann in den ersten Jahren als kegel- oder breit eiförmig beschrieben werden, später erscheint sie deutlich abgerundet. Während die Hauptäste von Tilia platyphyllos weit aufsteigen, hängen die unteren Astpartien leicht herunter und bleiben nahe des Bodens. Die grau- bis schwarzbraune Borke ist längsrissig und dicht gerippt. Die jungen olivgrünen Triebe der Sommer-Linde sind zunächst dünnzottig behaart, verkahlen jedoch nach einem Jahr. Das Verbreitungsgebiet von Tilia platyphyllos beschränkt sich auf West-, Mittel-, Süd-, Südosteuropa und den Kaukasus. Auf den Britischen Inseln ist die Linde nicht heimisch, aber eingebürgert. In Deutschland ist das Gehölz meist südlich der Mittelgebirge zu finden. Dort ist die Sommer-Linde in edellaubbaumreichen Schlucht-, Hang- und Blockschuttwäldern wie zum Beispiel krautreichen Ulmen-Ahorn-Eschen-Schluchtwäldern und Buchen-Linden-Bergwäldern beheimatet. In den Alpen reicht sie bis auf 1700 Meter und übersteigt damit das Verbreitungsgebiet der Winter-Linde. Tilia platyphyllos bevorzugt kühlfeuchte Klima- und Bodenlagen und ist aufgrund ihrer hohen Standortansprüche sowie der ausgeprägten Honigtauabsonderung als Straßenbaum ungeeignet. Auf Luftverunreinigungen, Salz, Einpflastern, Überfüllen und Bodenverdichtungen reagiert das Gehölz empfindlich. Mit zunehmendem Alter wird die Sommer-Linde zudem weniger schattentolerant und weniger trockenheitsverträglich. Tilia platyphyllos überzeugt mit ihrer Langlebigkeit, Frosthärte und Windfestigkeit als wichtiger Hof- und Alleebaum. In der Vegetationsperiode besticht das Gehölz durch eine ausgeprägte Blätter- und Blütenpracht. In den Monaten Juni und Juli lockt die Sommer-Linde mit ihren gelben, süßlich duftenden Blüten zahlreiche Insekten an. Als ergiebige Bienenweide wird die Linde durch Hautflügler bestäubt. Eine Windbestäubung ist allerdings ebenfalls möglich. Aus den gelben 2 bis 5-blütigen, hängenden und behaarten Zymen entwickeln sich unscheinbare braune Nüsschen. Diese zeichnen sich durch eine stark 5-kantige Form sowie eine verholzte, dickwandige und grau-filzig behaarte Schale aus. Der Übergang von der Blüte zur Frucht wird durch das sommergrüne Blattwerk der Sommer-Linde begleitet. Die wechselständig angeordneten Blätter werden größer und breiter als die der Winter-Linde und sind an den Rändern leicht abwärts gewölbt. Die Spreite zeichnet sich durch eine rundlich-eiförmige, plötzlich zugespitzte Form, einen scharf gesägten Blattrand sowie eine schief-herzförmige Basis aus. Die mattgrünen Blätter verfärben sich im Herbst sattgelb und werden oft früh abgeworfen.

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Tilia platyphyllos ist ein bedeutender Hof- und Alleebaum und wird seit Jahrhunderten für Holz, Bast und Blüten geschätzt. Aufgrund ihrer Langlebigkeit spielt die Sommer-Linde zudem eine wichtige Rolle in der Mythologie als Gerichtslinde. Tilia platyphyllos kann 500 bis 1000 Jahre alt werden und sich zu einem mächtigen Großbaum entwickeln. Die Schenklengsfelder Linde im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg ist wahrscheinlich der älteste Baum Deutschlands und wird auf ein Alter von 1200 Jahren geschätzt. Ein weiterer Rekordbaum ist die Dicke Linde in der niedersächsischen Gemeinde Heede. Mit einem geschätzten Alter von 600 bis 800 Jahren und einem Stammumfang von 17 Metern ist der Nationalerbe-Baum der dickste vollstämmige Baum in Deutschland.

Auf einen Blick

3.5 Sichtungsmodule Trockener Schatten
West-, Mittel-, Süd- und Südosteuropa, Kaukasien, auf Britischen Inseln eingebürgert, in Deutschland meist südlich der Mittelgebirge, in kühlfeuchten Klimalagen, in edellaubbaumreichen Schlucht-, Hang- und Blockschuttwäldern, in den Alpen bis auf 1700 m
Gehölz
Großbaum>20m
die deutschen Rekordbäume Nationalerbe-Baum Heeder Linde (stärkster Stamm) und Schenklengsfelder Linde (höchstes Alter) sind Sommer-Linden

Wissenschaftliche Informationen

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Tilia platyphyllos Scop.
Tiliaceae (Lindengewächse)
Tilia
platyphyllos
'Rubra', 'Laciniata'
Großblättrige Linde, Tilia grandifolia EHRH., Tilia grandifolia HOFFM., Tilia cordifolia BESSER, Tilia platyphyllos subsp. Pseudorubra C. K. SCHNEID.

Standort

3Artenreiche Wälder und Gehölzgruppen.3anspruchsvolle, aber anpassungsfähige Gehölze, frisch bis feucht, schwach sauer bis alkalisch, gute bis beste, meist lehmige Böden.4sonnig bis halbschattig, wärmeverträglich, frosthart.1Großbaum > 20m,
7Gehölze kühl-feuchter Wälder.3schwach sauer bis alkalisch, nährstoffreich, humos- oder sandig-lehmig.2sonnig bis lichtschattig, meist frosthart.1Großbaum > 20m
sonnigBesonnung mindestens von Sonnenaufgang bis Mittag, von Mittag bis Sonnenuntergang, lichtschattigSchattenwurf durch lückigen Baumbestand oder kurze Abfolgen sonniger und schattiger Phasen, halbschattigBesonnt von Sonnenaufgang bis 11 Uhr, 8 bis 12 Uhr, zwischen 10 und 14 Uhr 2,5h, von 12-16 Uhr oder von 13 Uhr bis Sonnenuntergang.
feuchtpF 2,9-2,2, mäßig feuchtpF 3,0, frischpF 3,9-3,1
felsigmit größeren Gesteinsbrocken durchsetzt und meist flachgründig, humoshoher Anteil organischer Substanz, lehmigBoden mit anorganischen Bestandteilen aus etwa gleichen Anteilen von Ton, Schluff und Sand, nährstoffreichDer Boden ist gut mit Mikro- und Makronährelementen versorgt, sandigBoden mit 20-40% Massenanteil an Korngrößen zwischen 0,063 und 2mm, skelettreichBoden mit min. 75% mineralischer Komponenten >2mm, steinigBoden reich an Korngrößen >63mm, tiefgründigA- und B-Horizont des Bodens ohne verfestigte Schichten oder größere Gesteine
pH 6-10
4avon −34,4 °C bis −31,7 °C

Verwendung

langlebiges Gehölz mit hoher ökologischer Potenz, sehr häufig gepflanzt, anspruchsvoller an den Standort als T. cordata, durch früheren Austrieb spätfrostgefährdeter, gerne in kühlfeuchten Klima- und Bodenlagen, windfest, wärmeverträglich und frosthart, mit fortschreitendem Alter weniger schattentolerant und trockenheitsverträglich, ungeeignet als Straßenbaum, empfindlich bei Luftverunreinigung, salzempfindlich, Befall durch Blattläuse führt zu ausgeprägter Honigtauabsonderung, Laub wirkt bodenverbessernd, Wurzeln für Bodenbefestigung geeignet, seit Jahrhunderten geschätzt für Holz, Bast und Blüten, wichtiger Hof- und Alleebaum, Bedeutung in der Mythologie, Arzneipflanze
die Blätter, die Blüte
süßlich
Ja, duftend
ergiebige Bienenweide, Honiglinde, Nektarabscheidung Abends und Nachts besonders hoch
Nistplatz in der Astgabel
Nistkästen
Bienenweide
hohe vegetative Regenerationsfähigkeit, ältere Bäume an Stammfuß ausschlagend
schnittverträglich, für hohe Baumhecken, Arkaden und Kasten-Formen geeignet, Schnittmaßnahmen im Juli-August

Blätter

Große, breite Blätter
wechselständig, 7-15 cm lang, bis 12 cm breit, größere und breitere Blätter als T. cordata, früherer Austrieb, Spreite an den Blattseiten leicht abwärts gewölbt, rundlich-eiförmig, plötzlich zugespitzt, Basis schief-herzförmig, Blattrand scharf, unregelmäßig gesägt, beiderseits oder nur unterseits weich behaart, mit dem Alter verkahlend, Oberseite stumpfgrün, weißliche Achselbärtchen auf der Unterseite, 1,5-5 cm langer Blattstiel, im Oktober sattgelb, oft früher Laubfall
laubabwerfendLaubwurf am Ende der Vegetationsperiode, Austrieb zu Beginn der nächsten Vegetationsperiode, Blattalter ca. 1/2 Jahr, sommergrünLaubwurf am Ende der Vegetationsperiode, Austrieb zu Beginn der nächsten Vegetationsperiode, Blattalter ca. 1/2 Jahr
Ja

Blüte

Gelbe, hängende Trugdolden
2-5-blütig, in hängenden, behaarten Zymen, hellgelbe, ausgebreitete Kronblätter, Staubblätter deutlich länger, Hochblätter 5-12 cm lang, kein Staminodium, früheste Blütezeit ihrer Gattung, erste Blüte nach 15-20 Jahren
Juni, Juli
Anemophilie - Windbestäubungursprünglichste Bestäubung, oft eingeschlechtliche unscheinbare Blüten, vor allem Gymnospermen, Süßgräser und Laubbäume, InsektenbestäubungBestäubung durch Insekten
gelb

Frucht

Fruchtansätze Ende Juni
unscheinbare braune Nüsschen, 8-18 mm breit, kugelig bis birnenförmig, stark 5-kantige Form durch ausgeprägte Rippen, stark verholzt und dickwandig, Schale mit den Fingern nicht zerrdrückbar, graufilzig behaart

Borke / Rinde

Längsrissige Borke
Borke grau- bis schwarzbraun, längsrissig und dicht gerippt, Maserknollen möglich, junge Triebe olivgrün und dünnzottig behaart, sonnenseits rotviolett, schattenseits hellrotbraun, später braun und schattenseits oliv, nach einem Jahr verkahlend, an den Spitzen tlw. noch schwach behaart, 6 mm große, rotviolett glänzende Knospen, meist von 3 sichtbaren Schuppen umgeben

Wurzel­system

Herzwurzler
in den ersten 7 bis 8 Jahren Bildung einer Pfahlwurzel, später kräftiges Herzwurzelsystem, unregelmäßig, sehr viele Feinwurzeln, Innenwurzeln im Stamm dicker Bäume können die Stabilität erhöhen, gut sichtbar an hohlen Baumstämmen, empfindlich gegen Einpflastern, Überfüllen und Bodenverdichtungen
hochdie Pflanze nimmt schnell größere Flächen ein und breitet sich stark aus

Jahreszeiten

Ende Juni

Besonderheiten / Zusätzliche Daten

einheimischnatürliche rezente Verbreitung in Mitteleuropa, Heilpflanze
Junge, dünnzottig behaarte Triebe
Herabhängende Astpartien
Von der Blüte zur Frucht
Feuerwanzen auf Borke
Kräftiger Stamm
Weit aufsteigende Hauptäste

Verfasser / Literatur

Jana Froese
Jana Froese
  • Floraweb (2022): Tilia platyphyllos Scop., nom. cons. - https://www.floraweb.de/xsql/artenhome.xsql?suchnr=5969&, zuletzt eingesehen am 30.06.2023.
  • Roloff, A., Bärtels. A. (2018): Flora der Gehölze. 5., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Eugen Ulmer KG.
  • Schmidt, P., Hecker, U. (2020): Die wildwachsenden und kultivierten Laub- und Nadelgehölze Mitteleuropas. Wiebelsheim: Quelle & Meyer Verlag.
  • Bruns Pflanzen (2018/2019): Sortimentskatalog. Osnabrück: Druck- und Verlagshaus Fromm GmbH & Co. KG.
  • Lorenz von Ehren (2014): 4.1 Auflage. Hamburg: Pflanzenhandel Lorenz von Ehren GmbH & Co. KG.
  • Jäger, E. (2017): Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 21. Auflage. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag GmbH.
  • Gemeinde Schenklengsfeld (o.J.): Die Schenklengsfelder Linde. - https://www.schenklengsfeld.de/verzeichnis/objekt.php?mandat=97354, zuletzt eingesehen am 30.06.2023.
  • Gemeinde Heede (o.J.): Nationalerbe-Baum 1000-jährige Linde. - https://www.heede-ems.de/index.php/nationalerbe-baum.html, zuletzt eingesehen am 03.07.2023.
1 / 15Gelbe, hängende Trugdolden
2 / 15Langlebiger, mächtiger Großbaum
3 / 15Große, breite Blätter
4 / 15Nistplatz in der Astgabel
5 / 15Nistkästen
6 / 15Bienenweide
7 / 15Längsrissige Borke
8 / 15Junge, dünnzottig behaarte Triebe
9 / 15Ende Juni
10 / 15Fruchtansätze Ende Juni
11 / 15Herabhängende Astpartien
12 / 15Von der Blüte zur Frucht
13 / 15Feuerwanzen auf Borke
14 / 15Kräftiger Stamm
15 / 15Weit aufsteigende Hauptäste