Onobrychis viciifolia

A. Lips
Schnellüberblick

Deutscher Name: Saat- oder Futteresparsette

Synonyme: Hedysarum onobrychis L.

Wissenswertes

Die Saat- oder Futter-Esparsette ist eine fast vergessene Kulturpflanze, die seit dem 16. Jahrhundert zusammen mit anderen Leguminosen und Gräsern hauptsächlich als Futterpflanze ausgesät wurde. Der Anbau ist seither stark rückläufig und sie ist oft nur noch als Kulturrelikt in der Landschaft anzutreffen. Man kann diese Art noch in verwilderter Form in sonnigen Kalkmagerrasen sowie an Wegrändern und Böschungen auf kalkhaltigen Lehmböden trockenwarmer Standorte finden. Die Futter-Esparsette ist eine Charakterart der submediterranen Halbtrockenrasen Bromion erecti. Die Gattung umfasst insgesamt etwa 130 Arten. Der Gattungsname setzt sich zusammen aus dem griechischen Wort „onos“ für Esel und „brychien“ (brykein), das übersetzt „gierig fressen“ bedeutet. Dieser Name wurde im 16. Jahrhundert von dem vorlinnéschen Autor Dodonaeus auf die Pflanze übertragen und zielt wahrscheinlich auf ihren Nutzen als beliebte Futterpflanze ab. Der neulateinische Begriff vicifolia bedeutet wickenblättrig und beschreibt das Erscheinungsbild ihres Blattstandes. Mit den ansehnlichen Blütenständen, die die Pflanze von Mai bis Juni zieren, werden viele Insekten angelockt. Die Schmetterlingsblüten stehen ährig in lang gestielten, rosa Blütentrauben. Die Flügel der Blüten zieren purpurne Strichsaftmale. Die Einzelblüten werden als Schiffchenblumen oder auch als Fahnenblumen mit Klappeinrichtung bezeichnet. Dieser Klappmechanismus zeichnet sich dadurch aus, dass das Schiffchen bei der Landung ausreichend schwerer Bestäuber herabklappen, wodurch ihr Bauch mit Pollen bedeckt wird bzw. sie später mit der Narbe in Berührung kommen. Hierbei stellt die Pflanze reichlich Nektar zur Verfügung, der auch für kurzrüsselige Bienen erreichbar ist. Die Pflanze bildet eine proterandrische (vormännliche) Blüte aus, um eine Selbstbestäubung zu vermeiden. Ihre einsamigen, stacheligen Nüsschen sind nur mit einer Lupe erkennbar und werden durch eine Klettausbreitung (Epichorie) sowie Schwerkraftausbreitung (Barochorie) verbreitet. Wahrscheinlich ist auch eine Zufallsausbreitung durch Huftiere (Epizoochorie bzw. Endozoochorie). In der Gartengestaltung wird der Lichtkeimer ausgesät. Onobrychis viciifolia eignet sich aufgrund der bodenverbessernden Eigenschaften hervorragend für die Gründüngung, da sie die Fähigkeit besitzt, mithilfe von Symbionten Luftstickstoff zu binden. Diese Art kann außerdem auch für Dachbegrünung eingesetzt werden.

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Die Artengruppe Onobrychis viciifolia agg. wird in der Roten Liste Deutschlands als gefährdet eingestuft, wobei die aktuelle Bestandssituation als sehr selten kategorisiert wird und hinsichtlich des langfristigen Bestandstrends ein mäßiger Rückgang angegeben wird. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass die Pflanze schon immer eher selten angebaut wurde, also nie ausgesprochen häufig war. Als Bienentrachtpflanze und Raupenfutterpflanze ist sie ökologisch sehr bedeutsam. Unter ihren Besuchern ist die Esparsetten-Sägehornbiene Melitta dimidiata besonders hervorzuheben, die ihren Pollen oligolektisch an Pflanzen der Gattung Onobrychis an den Arten O. viciifolia, O. montana und O. arenaria sammelt und vom Aussterben bedroht ist. Die Pflanze dient außerdem insgesamt 28 Raupenarten als Futterpflanze, von denen wiederum 7 Arten als spezialisiert gelten - hierunter auch der gleichnamigen, gefährdete Esparsetten-Bläuling Polyommatus thersites, und der Weißdolch-Bläuling Polyommatus damon der sogar vom Aussterben bedroht ist, für deren Raupen die Saat-Esparsette die einzige Nahrungsquelle darstellt (Monophagie).

Auf einen Blick

2.7 Biodiversitätsstreifen
Mittel- bis Südosteuropa
Staude
Horst oder Schaftaufrechte Sprosse, die gleichmäßig verzweigt sind und sich kreisförmig ausbreiten, der Horst ist vom Grund an verzweigt, der Schaft ist in den Blütenstand hinein verzweigt
30-60 cm hohe, aufrecht wachsende Staude; wechselständig angeordnete, (un)paarig gefiederte Blätter; ährige rosa Blütentrauben (Schiffchenblumen); mehrjährig
geeignet für Dachbegrünungen und Trockenrasen und Steingärten

Wissenschaftliche Informationen

Mehr lesen...
Onobrychis viciifolia Scop.
Fabaceae (Hülsenfrüchtler)
Onobrychis
viciifolia
Hedysarum onobrychis L.

Standort

Fr1Freifläche, trockener Boden
vollsonnigLichteinfluss von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, sonnigBesonnung mindestens von Sonnenaufgang bis Mittag, von Mittag bis Sonnenuntergang
frischpF 3,9-3,1, mäßig trockenpF 4,0, trockenpF 6,5-4,1
durchlässigSubstrat mit guten Drain-Eigenschaften, Wasser kann abfließen, flachgründigA-Horizont des Bodens geht rasch in den C-Horizont (anstehendes Gestein) über, meist karg und nährstoffarm in Hügelland, Mittelgebirge oder Steilhängen, humoshoher Anteil organischer Substanz, kiesigBoden mit 20-40% Massenanteil an Korngrößen zwischen 2 und 63mm, lehmigBoden mit anorganischen Bestandteilen aus etwa gleichen Anteilen von Ton, Schluff und Sand, nährstoffarm, sandigBoden mit 20-40% Massenanteil an Korngrößen zwischen 0,063 und 2mm, schluffigBoden mit 15-40% Massenanteil an Korngrößen von 0,063-0,63mm und unter 20 % Massenanteil an Korngrößen unter 0,063 mm, skelettreichBoden mit min. 75% mineralischer Komponenten >2mm
pH 6,5-9
6avon −23,3 °C bis −20,5 °C
SR-StrategeStress-Ruderal-Strategen ertragen auf unproduktiven Standorten regelmäßige Störungen. Moose und unscheinbare, kleine, kurzlebige Stauden, z.B. Arten auf Standorten mit einem Faktor im ökologischen Minimum oder Maximum, z.B. kurzlebige Einjährige auf Trocken- oder Nassstandorten
Imöglichst einzeln oder in kleinen Tuffs von 1-3 Stück pflanzen

Verwendung

naturnahe Pflanzungen mit Wildstaudencharakter, Wildblumenwiesen, Balkon- und Kübelpflanze, Dachbegrünungen
die gesamte Pflanze
Nein, nicht duftend
Raupen-Futterpflanze (7/28 Raupenarten spezialisiert), hierunter Polyommatus thersites u. Polyommatus damon als monophage Raupenarten; Bienentrachtpflanze, 20/67 Wildbienenarten spezialisiert (Blütenpollen- und/oder Nektar), hierunter Melitta dimidiata als oligolektische Art an der Gattung Onobrychis
Ackerhummel, Bombus pascuorum
Versamung: Klettausbreitung (Epichorie), Schwerkraftausbreitung (Barochorie) sowie Zufallsausbreitung durch Huftiere (Epizoochorie bzw. Endozoochorie)

Blätter

länglich, gefiedert, Blättchen in 5-12 Paaren mit , meist 3-5 mm breit, mesomorph
sommergrünLaubwurf am Ende der Vegetationsperiode, Austrieb zu Beginn der nächsten Vegetationsperiode, Blattalter ca. 1/2 Jahr

Blüte

proterandrische Fahnenblume mit Klappmechanismus, Blüten stehen in lang gestielten Trauben, Flügel rosa mit purpurnen Strichsaftmalen, Fahne etwa so lang wie d. Schiffchen, zygomorph
Mai, Juni, Juli
InsektenbestäubungBestäubung durch Insekten
rosa

Frucht

Hülsenfrüchte, 6-8mm lang, am Kamm mit bis zu 1mm langen Stacheln

Wurzel­system

WurzelÜberwinterung in einem unterschiedlich differenzierten Wurzelstock
Pfahlwurzel (bis zu 4 m Tiefe)

Jahreszeiten

Wuchshöhe Ende März

Besonderheiten / Zusätzliche Daten

Wuchshöhe Anfang Mai

Verfasser / Literatur

Anja Lips
Anja Lips
  • Ruprecht Düll & Herfried Kutzelnigg (2022): Die Wild- und Nutzpflanzen Deutschlands - Vorkommen - Ökologie - Verwendung. - 9. Auflage. Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co., Wiebelsheim [Hrsg.], ISBN: 978-3-494-01825-6
  • Agnes Pahler (2016): Gründüngung mit Pflanzenmasse. GartenPraxis-Tipp. Ulmers [Hrsg.] Gartenpraxis 09-2016. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am 25.07.2023
  • Paul Westrich (2023): Faszination Wildbienen. Die Pollenquellen der heimischen Wildbienen. Onobrychis viciifolia, Futter-Esparsette. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am: 30.07.2023
  • H. Stephan, M. Wichert, T. Puhlmann, S.H. Ahmed (2023): NaturaDB. Onobrychis viciifolia. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am: 29.07.2023
  • Arnulf Schultes & Roland Bönisch (2023): Pflanzen in Deutschland. Onobrychis viciifolia. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am: 29.07.2023
  • UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH (2023): BiolFlor - Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland - Onobrychis viciifolia. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am: 29.07.2023
  • ECKEHARDT J. JÄGER, FRIEDRICH EBEL, PETER HANELT, GERD K. MÜLLER (Hrsg.): Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.
  • Bundesamt für Naturschutz, Floraweb (2023): Onobrychis viciifolia Scop. - Online verfügbar: zuletzt abgerufen am 29.07.2023
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