Aegopodium podagraria

H.V. Yates
Schnellüberblick

Deutscher Name: Gewöhnlicher Giersch

Synonyme: Geissfuß, Baumtropfen

Wissenswertes

Der botanische Name Aegopodium podagraria leitet sich vom griechischen Wort Aigopódes ab, was ziegenfüßig bedeutet. Der Name wird durch die Form des Blattes geprägt, der dem Fußabdruck einer Ziege ähnelt, woraus sich auch der deutsche Name Geißfuß ableitet. Der Artname podagraria stammt von Linné, der Giersch als frühere Heilpflanze für Gicht beschrieb, wobei der akute Gichtanfall, oft im Großzehgelenk, als Podagra bezeichnet wurde. Das Synonym Zipperleinskraut lässt sich auch darauf zurückführen. Bereits den Römern war der Giersch als essbar bekannt, sodass er sich auch in Europa schnell verbreitete. Heutzutage ist er trotz der Verzehrfähigkeit eher als ungebetenes Unkraut angesehen und dadurch unbeliebt. Meistens wir Giersch mit anderen Pflanzen, zwischen dessen Wurzeln sich kleine Wurzelstücke der Rhizome befinden, in den Garten eingebracht. Wenn Aegopodium podagraria sich einmal ausgebreitet hat, ist er schwer wieder loszuwerden und es bedarf eines langen Atems. Wer den Giersch im Garten duldet, kann sich im Frühsommer an weißen, lang gestielten Dolden erfreuen, die bis zu 100cm hoch werden, sowie die bestäubenden Insekten. Eine Verwendung als sommergrüner Bodendecker eignet sich ebenfalls, da die frischgrünen, doppelt- bis dreiteilig gefiederten Blätter einen dichten Bestand bilden. Zerrieben duften die Blätter nach einer Mischung aus Möhre, Petersilie und Sellerie und sind für Salate geeignet. Die Verbreitung des Giersch erfolgt in der Regel vegetativ, sprich über die leicht zerbrechlichen, weißen Wurzeln. In manchen Fällen kommt es allerdings nach der Blüte zur Bildung von Kümmel-ähnlichen Samen, die im Herbst geerntet werden können. Die Verbreitung über Samen kann durch das Abschneiden der Blüten, bevor der Samenansatz sich bildet, unterbunden werden. Wenn ein Giersch mit einem etwas geringeren Ausbreitungsdrang im Garten gewünscht ist, kann Aegopodium podagraria ‘Variegata‘ eingesetzt werden, eine ausgelesene Sorte mit weiß-gelblich panaschiertem Blatt. Die weitere Verbreitung kann ebenfalls unterbunden werden durch das Abschneiden der Blüten, bevor der Samenansatz sich bildet.

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Giersch bevorzugt einen frischen bis feuchten, teils auch nassen Standort in einem halbschattigen bis schattigem Bereich. Bei gegebener Bodenfeuchte ist auch ein sonnigerer Standort möglich, er verträgt jedoch auch sommertrockene Standorte. Giersch kommt natürlicherweise als Stickstoffzeiger vor und ist Kennart der Gierschsäume an sonnenabgewandten Wald- und Gebüschrändern. Der pH-Wert des Bodens, vornehmlich durchlässiger Lehm oder Ton mit Humusanteilen, sollte zwischen schwach sauer und schwach alkalisch liegen. Die Ausbreitung über die starkwüchsigen Ausläufer erfolgt auch bei mechanischer Abtrennung von der Mutterpflanze, wodurch eine anthropogene Verbreitung erfolgt. Bei der Beseitigung von Aegopodium podagraria gibt der Autor Pycraft eine Übersicht über mögliche Spritzmittel sowie die mechanische Entfernung. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass einige Herbizide keine Zulassung mehr besitzen oder auch ungewollt gegen andere Stauden innerhalb von bepflanzten Flächen wirken können (Erscheinungsjahr 1980). Hier wäre die mechanische Entfernung jederzeit zu bevorzugen oder ein alternativer Gestaltungsprozess mit vorhandenem Giersch in Betracht zu ziehen. Beispielsweise lässt sich ein vorhandener Gierschbestand als Bodendecker in ein (neues) Gesamtkonzept integrieren, da auch eine Pflanzung zur Unterdrückung von Giersch kaum möglich ist.

Auf einen Blick

5.5 Kaukasische Hochstaudenflur
Europa, Westasien
GeophytStauden im weiteren Sinne, die mit Hilfe unterirdischer Erneuerungsknospen (Knolle oder Zwiebel) die ungünstige jahreszeitliche Extreme wie Hitze oder Sommertrockenheit überdauern
kriechender Wurzelstock (Rhizome bildend)horizontal wachsender verdickter Sproß mit Ausbreitungs- und Speicherfunktion unter- oder nahe der Erdoberfläche, Ausläufer (Stolone bildend)ober- oder unterirdische, dünne und langtriebige Seitensprosse bildend, die wieder bewurzeln und ausschließlich der Vermehrung dienen
zwischen 30-100cm hoch, inklusive der gestielten Blüten, kantig gefurchte Stengel, weiße Doldenblüten
Unterscheidungsmerkmal: dreikantige Stiele, Blätter 3-teilig gefiedert und wechselständig; starker Ausbreitungsdrang, essbar

Wissenschaftliche Informationen

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Aegopodium podagraria L.
Apiaceae (Doldenblütler)
Aegopodium
podagraria
'Variegatum'
'Gold Marbled'
Geissfuß, Baumtropfen

Standort

G2Gehölz, frischer Boden, G3Gehölz feuchter Boden, GR1Gehölzrand, trockener Boden, GR2Gehölzrand, frischer Boden, GR3Gehölzrand, feuchter Boden
sonnigBesonnung mindestens von Sonnenaufgang bis Mittag, von Mittag bis Sonnenuntergang, absonnigNordseiten von Gebäuden und Innenhöfe mit hellen Wänden sowie unverschattete Nordhänge, lichtschattigSchattenwurf durch lückigen Baumbestand oder kurze Abfolgen sonniger und schattiger Phasen, halbschattigBesonnt von Sonnenaufgang bis 11 Uhr, 8 bis 12 Uhr, zwischen 10 und 14 Uhr 2,5h, von 12-16 Uhr oder von 13 Uhr bis Sonnenuntergang., schattigBesonnt höchstens von Sonnenaufgang bis 9 Uhr, von 8-10 Uhr, zwischen 11 und 13 Uhr eine Stunde, von 14-16 Uhr, von 15 Uhr bis Sonnenuntergang.
sommertrocken, nasspF 1,3-0,1, mäßig nasspF 2,1-1,4, feuchtpF 2,9-2,2, mäßig feuchtpF 3,0, frischpF 3,9-3,1, mäßig trockenpF 4,0
humoshoher Anteil organischer Substanz, lehmigBoden mit anorganischen Bestandteilen aus etwa gleichen Anteilen von Ton, Schluff und Sand, nährstoffreichDer Boden ist gut mit Mikro- und Makronährelementen versorgt, tonigBoden mit min. 20% Massenanteil an Korngrößen unter 0,063mm
pH 6-10
5avon −28,8 °C bis −26,2 °C
C-StrategeKonkurrenz-Strategen sind wuchsstarke Langsamentwickler mit langer Lebensdauer und breiter Standortamplitude, die auf guten Böden langfristig dominieren, oft mit Speicherorganen und geringer Samenproduktion
IVin großen Stückzahlen und meist flächig pflanzen, Vvorwiegend großflächig pflanzen

Verwendung

Waldgarten, Naturgarten/ Wildstaudenbeet, Landgarten, Öffentliches Grün, flächig einsetzbar, gut zu ernten, in Sorten geringerer Ausbreitungsdrang
die gesamte Pflanze
Blätter duften zerrieben nach Möhre, Petersilie und Sellerie
Ja, duftend
Nektar für Bestäuber
starker Ausbreitungsdrang, durch Abstechen oder ernten etwas auszugleichen
bodentiefer Rückschnitt nach Trockenstress führt zu neuem Austrieb bei wieder einsetztender Wasserversorgung

Blätter

Draufsicht Gierschblatt
doppelt- bis dreiteilig gefiedert, wechselständig, zerrieben duftend, Fieder eiförmig bis länglich, gesägter Rand, frischgrün
sommergrünLaubwurf am Ende der Vegetationsperiode, Austrieb zu Beginn der nächsten Vegetationsperiode, Blattalter ca. 1/2 Jahr

Blüte

Doldenblüte im Aufblühen
bis zu 1m gestielt, Blütenstiel im Querschnitt dreikantig, Doppel-Dolde 15-25-strahlig, kleine Einzelblüten schirmartig verzweigt, weiß, zwittrig, ohne Hüllblätter
Mai, Juni, Juli, August, September
Cantharophilie - KäferbestäubungSonderform der Entomophilie, InsektenbestäubungBestäubung durch Insekten, Melittophilie - BienenbestäubungSonderform der Entomophilie - Insektenbestäubung durch Bienen und Hummeln, Myophilie - FliegenbestäubungSonderform der Entomophilie - Insektenbestäubung durch Diptera (Fliegen und Mücken)
rosa, weiß

Frucht

zweiteilige Spaltfrucht / Doppelachäne, 3-4mm lang, eiförmig bis länglich, kümmelähnlich
Juli, August
September, Oktober

Wurzel­system

RhizomÜberwinterung in einem kriegenden, horizontalen Wurzelstock
dicht verzweigt, leicht zerbrechlich, weiß
hochdie Pflanze nimmt schnell größere Flächen ein und breitet sich stark aus

Jahreszeiten

Blätter Ende Mai

Besonderheiten / Zusätzliche Daten

einheimischnatürliche rezente Verbreitung in Mitteleuropa, Heilpflanze, Rote-Liste-Deutschland Gefährdungsstatus: ungefährdet

Verfasser / Literatur

Hannah Victoria Yates
Hannah Victoria Yates
  • NABU Deutschland (2018): Giersch – Aegopodium podagraria. – Online verfügbar: , 10.05.2023
  • Bundesamt für Naturschutz, Floraweb (2022): Aegopodium podagraria. – Online verfügbar: , zuletzt aufgerufen am: 07.06.2023
  • Galasearch (o.J.): Aegopodium podagraria. – Online verfügbar unter: , zuletzt aufgerufen am: 07.06.2023
  • InfoFlora (2023): Aegopodium podagraria. – Online verfügbar: , zuletzt aufgerufen am: 07.06.2023
  • Pycraft, David (1980/1981): Rasen- und bodendeckende Gewächse. – Ravensburg: Maier 1981.
  • UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH (o.J.): BiolFlor. Aegopodium podagraria. – Online verfügbar: , zuletzt aufgerufen am: 07.06.2023
  • SNSB IT CENTER, BOTANISCHE STAATSSAMMLUNG MÜNCHEN (2006-2023): Botanischer Informationsknoten Bayern. Aegopodium podagraria. – Online verfügbar: , zuletzt aufgerufen am: 07.06.2023
1 / 3Doldenblüte im Aufblühen
2 / 3Draufsicht Gierschblatt
3 / 3Blätter Ende Mai